### (text-color: #5b4c2a)[Gaetano Donizetti:]
### (text-color: #415061)[*Lucia di Lammermoor*]
#### Eine interaktive Einführung
Frank Sindermann 2024
*Dieses Programm dient der Vorbereitung auf einen Opernbesuch. Es enthält Texte, Musik- und Videobeispiele.*
[[Starten]]Viele Opern beginnen mit einem instrumentalen Vorspiel, der Ouvertüre. Diese enthält manchmal eine Art "Best-of" der Musik, dient aber seit der Romantik vor allem dazu, die Zuhörenden in die Stimmung der Oper zu versetzen. Während der Ouvertüre bleibt der Vorhang oft noch zu; dies hängt aber von der Inszenierung ab.
Hören Sie den Beginn der "Lucia". Mit leisen Paukenschlägen und Hornklängen erzeugt der Komponist eine unheimliche Atmosphäre.
[Hörbeispiel starten]<ouverture|
<img src = "ouverture.png">
*Anfang der Partitur. Timpani sind die Pauken, Gran Cassa ist die große Trommel, Corni sind die Hörner.*
[[weiter->Akt1a]]
(click-replace: ?ouverture)[(track: 'ouverture', 'play')]ouverture: lucia-ouverture.mp3, lucia-ouverture.ogg
sturm: sturm.mp3, sturm.ogg{(track: 'ouverture', 'stop')}
### Erster Akt
#### Erstes Bild: Garten (oder Atrium) im Schloss von Ravenswood
Enrico Ashton und seine Gefolgsleute durchsuchen die Gegend nach einem Unbekannten. Enrico fürchtet um seine Macht und ist wütend, dass seine Schwester sich weigert, Arturo Bucklaw zu heiraten, den Enrico als seinen einzigen möglichen Retter aus einer Notsituation ansieht. Raimondo verteidigt Lucia, weil sie erst kurz zuvor ihre Mutter verloren hat. Doch da mischt sich Normanno ein und berichtet, er habe beobachtet, dass sich Lucia seit einiger Zeit heimlich im Wald mit einem Mann treffe, der ihr das Leben gerettet habe. Enrico gerät in rasende Wut, als er erfährt, dass es sich bei diesem Mann um seinen Todfeind Edgardo handelt. Die Männer bestätigen, Edgardo in der Nähe gesehen zu haben. Enrico schwört blutige Rache.
[[weiter->Akt1-Erklärung]]
Es ist die bekannte Geschichte ("Romeo und Julia"): zwei verfeindete Familien, die Tochter der einen liebt ein Mitglied der anderen. Und auch hier sind am Ende die Liebenden tot.
Gleich im ersten Bild kommen viele wichtige Personen vor: **Enrico**, Lucias Bruder, ist in dieser Oper der gefühlskalte Bösewicht, der letztlich seine Schwester in den Wahnsinn treibt; **Raimondo** ist Lucias Erzieher und Vertrauter; **Normanno** ist Hauptmann der Soldaten.
Im zweiten Bild tritt dann das Liebespaar auf: **Lucia**, Enricos Schwester, und **Edgardo**, ihr Geliebter.
[[weiter->Akt1b]]
#### Zweites Bild: Park
Lucia wartet nachts beim unheimlichen „Sirenenbrunnen“ mit ihrer Vertrauten Alisa auf Edgardo. Lucia ist beunruhigt: Ihr erschien der Geist einer Frau, die von ihrem Geliebten, einem Ravenswood, an diesem Ort aus Eifersucht erstochen und in den Brunnen geworfen worden sein soll. Alisa bittet ihre Herrin, ihrer unglückseligen Liebe zu entsagen, doch für Lucia bedeutet Edgardo die größte Freude ihres Lebens.
Edgardo erscheint, um sich von Lucia zu verabschieden: Er muss in diplomatischer Mission ins befreundete Frankreich reisen. Vorher möchte er sich mit Enrico versöhnen und ihn um Lucias Hand bitten. Doch diese macht sich über die Unversöhnlichkeit ihres Bruders nichts vor und versucht daher, Edgardo davon abzubringen. Da bricht auch dessen alter Hass gegen die verfeindete Familie wieder durch und er erzählt Lucia, dass er einst am Grabe seines Vaters Rache schwor. Die entsetzte Lucia schafft es jedoch, ihn zu beruhigen, und zum Abschied geloben sich die Liebenden ewige Treue und besiegeln dies mit dem Austausch von Verlobungs-Ringen:
<iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/UtF5ivBIpWE?si=sbatL0bCa2rmhG_D" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" referrerpolicy="strict-origin-when-cross-origin" allowfullscreen></iframe>
[[weiter->Zwischeninfo1]]
Damit endet der 1. Akt. Wir kennen nun die wichtigsten Personen und den Grundkonflikt. Lucia und Edgardo haben sich ewige Treue geschworen, Edgardo ist zu seiner Reise aufgebrochen. Lucias Bruder, Enrico, wird nun versuchen, Lucia von ihrer Liebe abzubringen; schließlich soll sie ja Arturo Bucklaw heiraten, um die verarmte Familie vor dem Ruin zu bewahren.
<img src = "buehnenbild1.jpg">
[[weiter zum 2. Akt->Akt2a]]### Zweiter Akt
#### Erstes Bild: Kabinett in den Gemächern Lord Ashtons
In den folgenden Monaten haben Normanno und Enrico in der Absicht, Lucia zur Hochzeit mit Arturo zu drängen, alle Briefe Edgardos und Lucias abgefangen.
Lucia tritt ein, bleich vor Kummer. Enrico legt ihr einen gefälschten Brief vor, der Edgardos Untreue belegen soll. Die junge Frau bricht völlig in Verzweiflung aus und ist verunsichert. Doch als Enrico sie auffordert, Arturo zu heiraten, bleibt sie trotzdem dabei, dass sie einem anderen die Treue geschworen habe. Da versucht Enrico sie durch Erpressung gefügig zu machen: Wenn sie Arturo nicht heirate, liefere sie ihn, ihren Bruder, ans Messer und werde ihres Lebens nie mehr froh. Lucia möchte nicht mehr leben und betet zum Himmel, sie aus ihrem unglücklichen Erdendasein zu befreien.
Raimondo, dem Lucia ihren Verdacht anvertraute, dass Enrico ihre Briefe abfangen lasse, hat inzwischen versucht, durch einen Vertrauensmann einen Brief Lucias an Edgardo zu senden. Doch es ist keine Antwort gekommen und nun meint auch Raimondo, Lucia solle sich keine falschen Hoffnungen mehr machen und dem (scheinbar) treulosen Edgardo entsagen. Der Himmel werde sie belohnen, wenn sie sich zum Wohle ihrer Familie opfere und Arturo heirate. Lucia ist außer sich vor Verzweiflung.
[[weiter->Akt2-Erklärung]]Intrigen dieser Art sind in der Oper sehr typisch. Berühmtestes Beispiel ist Verdis "Otello", in dem der Titelheld duch eine Intrige zum Mord an seiner Frau angestiftet wird.
Lucias geistige Gesundheit leidet unter dem Druck, der ihr aufgelastet wird. Letztlich willigt sie in die Hochzeit mit Bucklaw ein und will eben die Hochzeitspapiere unterzeichnen, als...
[[weiter->Akt2b]]#### Zweites Bild: Prächtiger Saal
Enrico und seine Gäste begrüßen freudig Arturo. Die unglückliche Lucia wird widerstrebend hereingeführt und dazu gedrängt, den Ehevertrag zu unterschreiben; ihr selbst kommt es vor wie ihr eigenes Todesurteil.
Da stürzt plötzlich zur allgemeinen Überraschung Edgardo herein. Beinahe kommt es zum Kampf zwischen Enrico und Edgardo, doch Raimondo tritt dazwischen und weist Edgardo darauf hin, dass Lucia nun verheiratet sei und er besser gehe. Der verletzte und wütende Edgardo stellt Lucia zur Rede. Zornig verflucht er sie wegen ihrer vermeintlichen Untreue. Lucia kann das alles nur hilflos vor Schmerz über sich ergehen lassen.
<img src = "edgardo.png">
[[weiter->Zwischeninfo2]]Der zweite Akt endet mit einer effektvollen Szene, in der unterschiedlichste Emotionen aufeinanderprallen. In einem berühmten Sextett singen die sechs Hauptpersonen darüber, was sie bewegt: Zunächst sind dies Enrico und Edgardo (im Video ab 1:00), dann stimmen Lucia und Raimondo ein (ab 2:00), zum Schluss kommen Arturo Bucklaw und Alisa hinzu (ab 3:00).
<iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/Ti9lpKHYzJQ?si=I2q1824IHab1inTz" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" referrerpolicy="strict-origin-when-cross-origin" allowfullscreen></iframe>
*Zwischen dem zweiten und dritten Akt wird bei Aufführungen oft die Pause eingefügt. Zeit, im Programmheft zu blättern und einige [[Informationen über die Oper]] nachzulesen.*
### Dritter Akt
#### Erstes Bild: Salon im Erdgeschoss des Turms von Wolferag
Während eines Gewitters sucht Enrico Edgardo in dessen verbliebener Turmbehausung auf. Er schürt Edgardos Eifersucht und will sich an seinem Feind rächen. Sie verabreden sich für den nächsten Morgen zum Duell bei den Gräbern der Ravenswoods.
*Passend zur Gruselsetting der Oper beginnt der Akt musikalisch mit einem Gewitter.*
[Hörbeispiel starten]<sturm|
<img src = "gewitter.jpg">
[[weiter->Akt3b]]
(click-replace: ?sturm)[(track: 'sturm', 'play')]{(track: 'sturm', 'stop')}
#### Zweites Bild: Galerie des Schlosses von Ravenswood
Die fröhliche Hochzeitsfeier wird durch Raimondo unterbrochen, der berichtet, dass Lucia ihren Bräutigam Arturo erstochen habe und offenbar wahnsinnig geworden sei.
Lucia erscheint im weißen Gewand und mit aufgelöstem Haar, totenbleich und verwirrt. Sie halluziniert und meint, Edgardos Stimme zu hören und glücklich ihren gemeinsamen Feinden entronnen zu sein; doch dann sieht sie voller Schrecken wieder das drohende Gespenst der toten Frau am Brunnen; im Geiste hört sie himmlische Musik und erlebt überglücklich ihre Trauung mit Edgardo, inmitten von Weihrauch und Rosen. Da tritt Enrico ein und beschimpft Lucia. Doch diese erkennt ihn gar nicht und hält ihn für Edgardo, den sie um Verzeihung bittet. Sie fleht (den vermeintlichen) Edgardo an zu bleiben und versichert, dass sie im Himmel auf ihn warten und für ihn beten werde. Von allen Anwesenden bemitleidet bricht Lucia schließlich ohnmächtig zusammen.
[[weiter->Akt3-Erklärung]]
Die Wahnsinnsszene ist eine der berühmtesten der gesamten Operngeschichte. Ursprünglich hatte Donizetti eine sphärisch klingende Glasharmonika als Begleitung vorgesehen, musste aber aus pragmatischen Gründen darauf verzichten. Seither wird stattdessen meistens eine Flöte verwendet. Im Lauf der Zeit haben viele berühmte Soprane eigene Kadenzen und Verzierungen hinzugefügt, sodass die Szene nie genau gleich klingt.
Dass der Wahnsinn sich trotzdem in schönem Gesang äußert, ist typisch für die Belcanto-Oper; später ist es dann auch erlaubt, "hässlich" zu singen, wenn es zur Szene passt (z. B. Lady Macbeth in Verdis "Macbeth").
<iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/92jiitUEahg?si=gZvEwgk0FdQEsPni" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" referrerpolicy="strict-origin-when-cross-origin" allowfullscreen></iframe>
[[weiter->Akt3c]]Üblicherweie hätte die Oper hier enden können, doch Donizetti fügt noch ein letztes Bild hinzu...
#### Drittes Bild: Außerhalb des Schlosses..., in der Ferne eine Kapelle
Edgardo erwartet Enrico zum Duell; in völliger Verkennung der Lage fühlt er sich immer noch von Lucia verraten und ist todunglücklich. Vom Schloss her erscheinen Menschen in einer traurigen Prozession und Edgardo erfährt, dass Lucia den Verstand verloren habe und im Sterben liegend nach ihm verlange. Da erklingt die Totenglocke. Edgardo bricht in Panik aus, er will Lucia noch einmal sehen und wendet sich zum Schloss. Doch Raimondo hält ihn auf: Lucia sei bereits im Himmel. In seiner Verzweiflung ersticht sich Edgardo und folgt seiner Geliebten in den Tod.
<iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/YT1J4WMMX2Y?si=sZc8199nvRBZhdsc&start=171" title="YouTube video player" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; clipboard-write; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture; web-share" referrerpolicy="strict-origin-when-cross-origin" allowfullscreen></iframe>"Lucia di Lammermoor" ist eine Oper (Originalbezeichnung „dramma lirico“) in zwei Teilen und drei Akten von Gaetano Donizetti. Die Uraufführung erfolgte am 26. September 1835 am Teatro San Carlo in Neapel. Das Libretto schrieb Salvadore Cammarano, nach dem Roman "Die Braut von Lammermoor" ("The Bride of Lammermoor") von Walter Scott. Die Oper handelt von zwei Liebenden aus den verfeindeten Adelsfamilien Ashton und Ravenswood, die erst im Tode vereint werden. Donizettis Werk gilt als einer der Höhepunkte in der Epoche des Belcanto und als Meilenstein der romantischen italienischen Oper, mit Lucias Wahnsinnsszene als Höhepunkt.
[[weiter->Info2]]Lucia di Lammermoor ist Donizettis 46. Oper. Sie ist von relativ dunklem Klangcharakter, wozu besonders die Soli für Hörner beitragen, die von der Einleitung bis zum Finale die Oper durchziehen und eventuell ein schottisches Lokalkolorit erzeugen sollen. Die Partitur ist außerordentlich abwechslungs- und kontrastreich, musikalisch bunt und betont dramatisch. Die Basis dazu liefert das Libretto Cammaranos mit seinen Erzählungen von Mord und Geistern, fatalen Schwüren und Flüchen, Gräbern, Wahnsinn und Selbstmord.
<img src = "donizetti.jpg">
*Die Pause ist vorbei!*
[[weiter zum 3. Akt->Akt3a]]